Im Oktober 2024 startete der erste Bürger:innenrat mit 19 Hortkinder der Gemeinde Moritzburg in Sachsen. Im Rahmen des „Kinder-Zukunfts-Rates“ kamen sie zusammen, um gemeinsam ihre Empfehlungen für das neue Sportstättenkonzept der Gemeinde zu erarbeiten. Damit setzte dieses Modellprojekt ein starkes Zeichen dafür, junge Bürger:innen frühzeitig in Prozesse der kommunalen Planung und Entscheidung einzubinden.
Die Ausgestaltung des Rates erfolgte in kooperativer Zusammenarbeit mit der Gemeinde, wobei Bürgermeister Jörg Hänisch als Schlüsselfigur fungierte. Für eine erfolgreiche Ratsarbeit wurde gemeindespezifisches Wissen zur Verfügung gestellt und die richtigen Menschen miteinander in Kontakt gebracht. Anschließend wurde geprüft, ob das Konzept durch Politik und Verwaltung auch realistisch umgesetzt werden kann. Als wichtige Ansprechperson aus der Verwaltung trug Hauptamtsleiterin Pia Meyer-Clasen das Projekt mit.
Kinder nicht nur fragen, sondern auch unterstützen
Die Gemeinde verfolgte mit dem „Kinder-Zukunfts-Rat“ einen innovativen Ansatz der Bürger:innenbeteiligung. Ziel war es, tragfähige und zukunftsorientierte Lösungen für die Entwicklung der Gemeinde zu finden. Dabei erhielten die Kinder aktive Unterstützung durch die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) im Auftrag der Gemeinde: Die Kinder der dritten und vierten Klassen diskutierten mit kommunalen Akteur:innen aus Politik, Sport und Schulwesen, bekamen hilfreiche Informationen zum Thema Sport und wurden bei der Entwicklung ihrer Ideen begleitet.

(Foto: DKJS, Tine Jurtz)
Bis April 2025 entwickelten die Kinder in acht Treffen Ideen, interviewten die kommunalen Gäste, begutachteten Sportplätze und formulierten ihre Visionen. Beim Abschlusstreffen im April 2025 übergaben sie ihre Empfehlungen an den Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung. Bürgermeister Jörg Hänisch betonte: „Die Ergebnisse der Kinder fließen ernsthaft in die Planungen der Gemeinde ein.“
Über die Empfehlungen der Kinder wird derzeit im Rathaus, im Gemeinderat sowie in den Ortschaftsräten beraten. Ziel ist es, bis Ende 2025 gemeinsam mit den Kindern und den kommunalen Akteur:innen die ersten Umsetzungsergebnisse vor Ort zu besichtigen. In die kurz- und mittelfristige Maßnahmenplanung sowie die Umsetzung der Vorschläge werden die Kinder jedoch nicht mehr vollumfänglich eingebunden.

Sportliche Orte: Ein Thema mit Relevanz
Die Auswahl eines geeigneten Themas ist entscheidend. Es sollte einerseits realistische Mitgestaltungsmöglichkeiten bieten und andererseits die Lebensrealität der Kinder widerspiegeln. Sport und Sportstätten erwiesen sich als optimal, da die Gemeinde bereits mit der Konzeptentwicklung 2024 startete. Die Entwicklung des Bürger:innenrats-Themas sowie der dazugehörigen Leitfragen für die einzelnen Treffen erfolgte in enger Absprache mit den Mitarbeitenden der Verwaltung.
Beim ersten Treffen überreichten Bürgermeister und Gemeindevertreter:innen den Kindern offiziell ihren Auftrag: „Schaut euch die Sportangebote und Sportstätten in der Gemeinde genau an! Was gefällt euch? Was könnte besser sein? Und was fehlt euch als Kindern?“ Diese Fragen ermutigten die jungen Expert:innen, ihre Perspektiven aktiv einzubringen.
Das Los entscheidet – das Auswahlverfahren der Kinder
Eine Besonderheit des Bürger:innenrats war das Losverfahren: Die Teilnehmer:innen wurden zufällig ausgewählt, um eine breite und repräsentative Beteiligung zu gewährleisten. So konnten sich Kinder beteiligen, die in anderen Partizipationsformaten nicht zur Sprache kommen (können oder wollen).
Als Grundgesamtheit für das Losverfahren wurden alle Hortkinder der dritten und vierten Klassen aus zwei Horten der Gemeinde herangezogen. Damit konnte ein Großteil der in der Gemeinde ansässigen Kinder dieser Jahrgänge erreicht werden.
Die Auswahl der Kinder erfolgte in Zusammenarbeit mit den Hortpädagog:innen, die anonymisierte Listen erstellten. Das Projektteam zog die Lose und achtete dabei auf eine ausgewogene Verteilung nach Alter, Geschlecht und Hortstandort. Die Eltern wurden frühzeitig durch die Hortpädagog:innen informiert und meldeten ihre Kinder nach der Auslosung selbstständig an. Die Zusammenarbeit mit den Hortpädagog:innen war sehr erfolgreich, da die Fachkräfte mit zeitlichen Ressourcen und persönlicher Motivation das außerschulische Projekt begleiteten.
Über das Projekt
Der „Kinder-Zukunfts-Rat“ in Moritzburg ist Teil des zweijährigen Modellprojekts „Bürger:innenrat mit Kindern“, dass die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) durchführt. Ziel war es, Kinder frühzeitig in Prozesse der strategischen Planung, Steuerung und der politischen Entscheidungen auf kommunaler Ebene einzubinden und sie als aktive Bürger:innen ihrer Gemeinde zu stärken.
Dabei ging es bei diesem Pilotprojekt nicht nur um die praktische Umsetzung vor Ort, sondern auch darum Erfahrungen und Wissen mit anderen Kommunen auszutauschen. Eine Erkenntnis aus dem „Kinder-Zukunfts-Rat“ von Moritzburg ist: Wirksame Kinderbeteiligung erforderte eine langfristige und nachhaltige Einbindung in Verwaltungsstrukturen. Die abschließende Handreichung fasst Gelingens- und Qualitätsfaktoren, aber auch Grenzen der Methode des Bürger:innenrates mit Kindern zusammen und wird bis Ende 2025 unter www.dkjs.de zur Verfügung gestellt.
Das Projekt wird im Rahmen der Initiative Kommune 360° durch die Stiftung Auridis gGmbH unterstützt und durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert. Diese Maßnahme wird außerdem mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes. Die Umsetzung des Projektes erfolgt in Zusammenarbeit mit Tobias Heinemann (iPunct).
Weitere Infos finden Sie hier. Ansprechperson für das Projekt „Bürger:innenrat mit Kindern“ ist Stefanie Lippitsch (stefanie.lippitsch@dkjs.de).